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Eine Modellbeschreibung zum Start der Epidemie
COVID19
\(-\) Was sagen die Daten?
Ein einfaches SIR-Modell zur Beschreibung einer allgemeinen epidemenologischen Entwicklung anhand der Fallzahlen der COVID-19 (Coronavirus SARS-CoV-2) Infektionszahlen in Europa und den USA.
(direkt zur Auswertung)
Eine praktische Erklärung des Modells und der Situation zu Ostern 2020 findet sich in diesem
Video
\[
\begin{array}{ccl}
S_{t+1}&=&S_t-\alpha\frac{\displaystyle
I_t}{\displaystyle N}S_t\\
\\
I_{t+1}&=&I_t+\alpha\frac{\displaystyle
I_t}{\displaystyle N}S_t-\beta I_t\\
\\
R_{t+1}&=&R_t+\beta I_t
\end{array}
\]
|
Was bedeuten diese Kurven zu COVID19, die in ähnlicher Form im Internet kursieren und auf die sich die Epidemologen beziehen, wenn sie die bestehenden Schutzmaßnahmen zu erklären versuchen?
Oft fällt dabei der Begriff des exponentiellen Wachstums. Einem Wachstumsprozess \(-\) ähnlich wie bei der Zinseszinsrechnungen \(-\) legen wir jedoch meistens eine konstante Wachstumsrate zugrunde:
Daher ist das „exponentielle“ Wachstum (insbesondere im biologischen und medizinischen Bereich) der Normalfall – und nicht eine „lineare Näherung“, von der oft im BWL-Bereich Gebrauch gemacht wird. Daher verwundert es oft, dass eine solche lineare Näherung nicht mehr gilt, insbesondere wenn wir es mit Wachstumsraten pro Periode von 100% und mehr, wie im Seerosenbeispiel, zu tun haben.
Derzeit diskutiert wird, dass die
Vervielfachungsrate
pro Woche (oder Verdopplungszeit)
laut Professor Dr. Lothar H. Wieler (Leiter des Robert-Koch-Instituts (RKI)) deutlich unter einen Wert von 2 (über eine Woche)
fallen (steigen) müsse.
Auf dieser Seite setzen wir vor diesem Hintergrund ein konzeptionell leicht verständliches dynamisches Modell (SIR) auf, welches immer noch mehr oder weniger die Grundlage für die Epidemologie bildet.
(Abkürzung zum Modell)
Zu Risiken und Nebenwirkungen dieses Modells:
Nach Aufstellen der Grundgleichungen stellt man fest, dass es sich um
gekoppelte Differenzen bzw. Differentialgleichungen handelt, die im
Allgemeinen nicht mehr geschlossen lösbar sind. Dies ist wohl
auch
der Grund dafür, dass dieses Modell nach seiner Formulierung in den 1930er
Jahren
(Kermack und McKendrick 1927,
1932,
1933)
erst einmal einige Jahrzehnte im Verborgenen
geschlummert hat, um dann nach dem dem Zweiten Weltkrieg seine
überragende
Bedeutung zu entwickeln (1991
kam es dann sogar zu einem kompletten Reprint der
Arbeiten)\(^1\).
Bevor
wir aber in das Modell einsteigen, sei an dieser
Stelle noch einmal klar gesagt, dass es sich bei den folgenden Berechnungen um
eine reine deskriptive Analyse handelt und insbesondere die
längerfristige
Fortschreibung als reine Szenariobetrachtung angesehen werden muss und
keine
induktive Statistik zur stochastischen Überprüfung
vorgenommen wird!
Das
RKI und andere Institutionen verwenden
sicherlich deutlich detailliertere Modelle, auf die auch in der allgemeinen
Veröffentlichung hingewiesen wird. Dem
interessierten Leser fehlt hier aber
sicher die Erläuterung der Zusammenhänge, da eben auf
die SIR- bzw. SIER-Modelle
„nur“
in Fussnote (1-3) \(-\) und auch hier muss man sich über zwei weitere Verweise bis zur Primärquelle (Hethcote, H. und Waltman, P. (1973)) vorarbeiten \(-\) verwiesen wird. Diese Lücke
versucht diese Seite zu schließen,
indem das SIR-Modell konzeptionell erläutert wird und ein
Excel-Baukasten zum „Selberbasteln“
zur Verfügung gestellt wird. Jeder Informatiker oder in
Visual-Basic firme Leser
wird dies sicher belächeln, da es natürlich mit
einigen rudimentären
Programmierkenntnissen auch viel eleganter geht. Nicht zuletzt ist das Modell
auch in Mathematica direkt implementiert ist, so dass jeder wolframalpha-user sich
sämtliche Programmierung sparen kann. Jeder, der allerdings Grundkenntnisse
in MS-Office aufweist und weiß, wie man sowohl eine Spalte in
Excel ausliest als auch mit einer festen Zahl multipliziert, kann die
Rechnung einfach nachvollziehen\(^2\).
Als Belohnung für das Lesen der Motivation hier schon mal das Ergebnis vorweg: Was sicherlich etwas überraschend war, ist, dass die grundsätzlichen Aussagen von Herrn Wieler des RKI durch diese Szenariorechnung sehr gut nachvollziehbar werden. Zudem werden wir auch sehen, weswegen selbst ein Ignorant wie Donald Trump nach ein paar Wochen sich dann doch gegen sein übliches Leugnen der Fakten entschieden hat und genau die gleichen Kurven im Weißen Haus präsentiert hat\(^3\).
Schwachpunkt bleiben natürlich die Zahlen der John Hopkins University (oder des RKI), die wir im Folgenden den Berechnungen zu Grunde legen. Denn deren Verläßlichkeit wird sich erst in der Zukunft zeigen.
Fussnote 1: Ähnliches ist übrigens dem Ramsey-Modell (1928) in den Wirtschaftswissenschaften wiederfahren, welches letztlich als Spezialfall das fundamentale Wachstumsmodell der Ökonomie (Solow, Swan 1956) enthält für welches Solow nicht zuletzt 1987 den Nobelpreis in Wirtschaftswissenschaften erhielt. So scheint an dieser Stelle schon die Verbindung der Pandemie mit der Ökonomie hindurch.
Fussnote 2:
Außerdem wird jeder, der sich einmal die Mühe gemacht
hat, in Excel eine lineare Regression oder die Formeln für den
Standardfehler des t-Tests „von Hand“ zu implemtieren,
festgestellt haben, dass danach das Verständnis für Statistik
sich fundamental erhöht hat, und Statistik nicht nur aus dem
Einlesen eines Datensatzes in SPSS, SAS oder STATA,... mit
anschließendem ENTER-Drücken besteht.